DAS ULRICHSBISTUM
Sonntagszeitung
22./ 23. März 1997/ Nr. 12

Kultur im Blick

Apokalypse

In unserer schnellebigen Zeit ist es ungewöhnlich, daß sich ein Künstler mit all seiner Energie über eineinhalb Jahrzehnte einem einzigen Thema widmet. Adolf Ziegler zeigt in der Friedberger Archivgalerie bis 23.März einen Zyklus von 64 Zeichnungen zur Offenbarung des Apostels Johannes. Von den insgesamt 64 großen Silberoxyd-Reliefarbeiten zu diesem Thema kann er aus Platzmangel nur 24 zeigen. Ziegler versucht die "Geheime Offenbarung" mit allen Einzelheiten darzustellen. Der Inhalt soll durch die einfache Umsetzung für jeden erfaßbar werden. Die großen Halbrelieftafeln schimmern metallfarben in verschiedenen Schattierungen. Auf Ton wird das Relief modelliert und anschließend - ähnlich wie bei der Verarbeitung von Blattgold - mit Silberoxydplättchen überzogen. Die Farben werden gezielt durch Schwefel - und Salmiakdämpfe erzeugt. In der Komposition der Arbeiten spielt die Ballung und Streuung der einzelnen Elemente eine wichtige Rolle. Bewußt einfach gehaltene Figuren stehen einzeln oder in Gruppen. Die Räume sind häufig eingeteilt in Erde und Firmament, gekrönt von Gottesdarstellungen, Engeln und Sternen. Je nach bearbeiteter Textstelle werden auch Tiere mit abgebildet. Der Künstler nimmt den Satz am Ende der Apokalypse bei seiner Arbeit wörtlich: "Man soll nichts hinwegnehmen noch hinzufügen." Mit einfachen Zeichen versucht er dies umzusetzen. "Mein Wunsch wäre, daß die Christen von heute auch mal wieder in die Apokalypse reinschauen", hofft er. Die einzelnen Arbeiten beziehen sich immer konkret auf eine Textstelle der Apokalypse. Neben dem Bild kann man den Text nachlesen, ergänzt von Gedanken des Wissenschaftlers Bernhard Philberth und des Pfarrers Albert Geiger. Den Apokalypse-Zyklus würde Adolf Ziegler gerne als Leihgabe einer kirchlichen Einrichtung zur Verfügung stellen.

Ulrike Seitz